Bruichladdich Tasting mit Ewald Stromer: Bald nur noch „Whiskey“ aus Schottland?
Ein wirkliches Jahres-Highlight erwartete mich am vergangenen Donnerstag im Postert Whisky in Köln. Dort hatten Inhaber Klaus Postert und Bruichladdich Brand Ambassador Ewald J. Stromer zum Tasting der aktuellen Highlights der Destillerie geladen und Ewald gab einige Details und Anekdoten aus dem Inneren der Brennerei zum Besten (so wie auch zum Thema der Überschrift, aber dazu später mehr).
Die Highlights des Abends im Podcast:
Bei schönstem Wetter versammelten wir uns zunächst vorm Laden und ließen uns den Begrüßungsdrink, einen Gin-Tonic auf Basis des Laddie-eigenen The Botanist, schmecken. Nach vielen tollen Unterhaltungen war dann aber doch die Zeit gekommen, sich dem Hauptakteur des Abends zu widmen, dem Whisky. Oder etwa doch nicht?
Zunächst gab es ein Blindsample zu verkosten, welches sich später als amerikanischer Single Malt Whiskey nach europäischem Vorbild herausstellen sollte:
1) Westland American Oak Whiskey
Nase: Orangenzeste, sehr süß, Vanille
Geschmack: Vanille, Schokolade
Abgang: Kurz und würzig,
Virgin Oak und Ex-Bourbon Fässer, 3-5 yo
Gerste aus Washington und Oregon
Produkte: American Oak, Sherry Oak und Peated (mit gleicher Gerste wie Laddie)
Die Destillerie ist als Partner-Destillerie von Bruichladdich ähnlich experimentierfreudig und geht ebenfalls sehr offen mit seinem Produktionsprozess und den verwendeten Zutaten um. So ist es möglich, in jeden Schritt der Produktion zu schauen und überall Fotos zu machen und zu filmen. Hier gibt es ein Vorstellungvideo der Brennerei:
Ein wirklich interessanter Auftakt, da dieser total unerwartet war und der Whiskey für sein Alter erstaunlich intensiv war, jeder der anwesenden Teilnehmer hätte ihm locker mehr als die 3-5 Jahre Reifezeit gegeben.
Als Einsteiger eignete sich dieser Malt auch deshalb so gut, weil die folgenden Drams ebenfalls recht junge, intensive Whiskys waren, die sich durch eine extrem hochwertige Fassauswahl auszeichneten:
2) Bruichladdich Rocks
Multi Vintage (NAS), 3-5yo, 46%
Nase: Sehr zurückhaltend und parfümiert
Geschmack: Milchschokolade und würzige Eiche
Angesprochen auf das junge Alter der Whiskys berichtete Ewald, dass dies eine Entwicklung "back to the roots"sei. Früher war es üblich, die Whiskys in sehr jungem Alter als NAS abzufüllen und erst die massiven Überbestände sorgten dafür, dass die Fässer deutlich länger liegen blieben. Irgendwann wurde dies dann auf den Flaschen vermerkt und als Qualitätsmerkmal gesehen. Hieraus ergibt sich auch die hervorragende Qualität der Blends aus den 50-70ern, da diese aufgrund der hohen Bestände einen viel höheren Anteil an Maltwhisky enthielten als heute. Laddie macht nun aus der Not der hohen Nachfrage eine Tugend und füllt wieder jüngere Whiskys (aber mit hervorragender Fassauswahl) ab:
3) The Laddie Ten
First Fill Bourbon, etwas 2nd Fill Bourbon und 2nd Fill Oloroso 46%
Keine Färbung, keine Kühlfiltration
Nase dezenter als bei den vorherigen
Erster Whisky zu 100% aus schottischer Gerste
Im Mund direkt sehr präsent, Tiefe auf der Zunge, sehr trockener und langer Abgang
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4) The Classic Laddie
Multi Vintage (NAS), 70-80% Bourbon Fässer
Rest unbekannte Fruchtgeber (Sherry, Port, Rotwein etc.)
Nase: eher dezent
Geschmack: prickelnd, weinig, verspielte Süße, spült die vorherigen locker weg
Abgang: intensive Gerstenaromen
Das besondere am Classic Laddie ist die Flasche, welche komplett in Aqua (NICHT türkis!) gehalten ist. Die Farbe kommt daher, dass diese sich im Sonnenaufgang über Bowmore im Meer spiegelt, wenn man diesen von der Bruichladdich-Brennerei aus verfolgt.
Die Unkonventionalität von Bruichladdich brachte Sie auch schon in Konflikt mit Gesetzen der SWA (Scotch Whisky Association): So dürfen laut Gesetz die Bestandteile eines Whiskys nicht genannt werden, wenn es sich um eine Standardabfüllung handelt. Dies spielt der gelebten Transparenz von Laddie nicht in die Karten und sorgte bereits für viele Proteste bei der SWA. Auch ist die Herkunft der Gerste in der Regel völlig unbekannt, da die Mälzereien diese über Börsen aus weltweiten Überbeständen aufkaufen. So wird ein Großteil des Scotch aus polnischen, deutschen oder ukrainischen Rohstoffen erzeugt! Für Laddie ein nicht hinzunehmender Zustand und Grund genug, seit 2002 nur noch auf explizit schottische Gerste zu setzen. Mittlerweile können hier über 85% der Gersten bis genau auf das Anbaufeld zurückverfolgt werden. So wurde auch die nun im Folgenden verkostete Produktserie ermöglicht, die Islay Barleys:
5) Bruichladdich Islay Barley 2011
75% First Fill American Oak, 25% 2nd Fill Süsswein-Fässer
Nase: deutlich ruhiger als Vorgänger
Geschmack: öffnet sich extrem, Islay Barley immer etwas kantiger als Scottish Barley, bringt immense Süße mit, bleibt ewig lang auf der Zunge
Nach den komplett ungetorfen Bruichladdichs ging es nun hinüber in den getorfen Bereich zu Port Charlotte. Diese Marke sollte ursprünglich verkauft werden, da das leicht getorfte Mittelprodukt oft vergessen wurde, da es im selben Design wie Bruichladdich erschien. Die Abverkäufe waren dementsprechend schwach und resultierten im Markenrelaunch: Die Form der Flasche wurde verändert und erinnert nun an Tonkrüge zu Schwarzbrandzeiten, in der Kapsel ist extra Metall eingesetzt damit es beim Schließen richtig klackt. Von der Rezeptur her ist Port Charlotte ist genau gleich wie Laddie, nur getorft:
6) Port Charlotte Islay Barley
75% First Fill Bourbon, 25% Rotwein, 6yo,
Torf elegant eingebunden
Die Offenheit bei Bruichladdich ist auch bei den Touren bemerkbar: Jeder Tour Guide ist angehalten alle Fragen zu beantworten, es gibt nur eine Ausnahme: Der Bruichladdich Black Art! Hier gilt die große Kunst des Blendens und über diese gibt Laddie keine Geheimnisse preis.
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7) Port Charlotte MRC:01
Spezielles Fass: Lord Voldemort Fass, must not be named,
MRC steht für franz. Weingut, 7yo, 59,2% ABV
Ein so langer Whisky-Abend kann logischerweise nicht völlig ohne Brexit-Diskussionen ablaufen, so berichtete Ewald unter anderem, dass alle in der schottischen Whisky-Industrie extrem verärgert sind, dass Scotch nach einem möglichen Brexit nur noch als „Whiskey“ nach Europa importiert werden darf. Ein Umstand, für den die Iren verantwortlich sind und der bisher vielen Fans noch nicht wirklich bewusst ist. Für die Hersteller bedeutet dies natürlich extremen Aufwand, Mehrwert für den Endverbraucher gleich Null. (Hier gibt es noch einen ausführlichen Artikel zu dem Thema).
8) Octomore 10yo
Fast Fassstärke, 56,8% ABV
4 verschiedene fasstypen
Nicht gefärbt oder kühlgefiltert
Der Octomore wird nur für 3 Wochen im Jahr produziert, danach muss eine Woche lang die komplette Destillerie gereinigt werden, um sämtliche Phenolrückstände zu entfernen. Das spannende am Octomore ist, dass dieser nie gleich hergestellt wird, jedes Mal wird entweder die Produktions- oder die Lagerungsweise minimal verändert. Außerdem wird die Gerste fünf Tage über Torfrauch getrocknet und der Vorlauf ist mit 42 Minuten extrem lang, bei Laphroaig ist dieser bspw. nur 5 Minuten lang. Obwohl dieser Whisky offiziell der rauchigste der Welt ist, bleiben aufgrund des langen Vorlaufes und der Lagerung nur etwa 10-20% der Phenole im finalen Produkt enthalten, wodurch dieser gar nicht so viel krasser als andere getorfte Whiskys auftritt.
Am Ende ließ sich Ewald auch noch ein paar Details zu in Kürze erscheinenden Whiskys entlocken, so wird im August der Black Art 7 veröffentlicht, der letzte der aus den 90er Jahren stammen wird. Außerdem erscheint die Octomore 10er Serie, bei der vor allem der 10.4 sehr spannend wird, eine 3-jährige Virgin Oak Lagerung. Auch ein Rye Whisky wird bald erscheinen, dieser ist eher durch einen Zufall entstanden: Die Farm neben Laddie darf als Zulieferer nur zwei Mal in Folge Gerste anbauen, so kam die Idee, es doch in der Zwischenzeit mal mit Roggen zu versuchen. Das Resultat überzeugt die Distiller und so erscheint bald ein Destillat, welches zu 55% aus Rye und zu 45% aus Malzwhisky besteht! So wird Islay zu Ryelay!
Danke an Klaus Postert und Ewald Stromer für den interessanten Abend!
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